Wenn die Angst zum Problem wird

 

Zunächst einmal ist die Angst ein ganz normales Verhalten, ohne diese weder wir, noch unsere Tiere überleben könnten. Angst schützt vor lebensbedrohlichen Handlungen, wie beispielsweise in einen Abgrund zu springen. Doch manchmal wird die Angst zum Problem und beeinträchtigt das Zusammenleben im Alltag.

Eine meiner liebsten Klientinnen ist Toto. Ich durfte diesem kleinen Engel im Rahmen meiner Tätigkeit als Tierpsychologin helfen ein ganz normales Hundeleben zu führen. Die Besitzerin beschrieb folgende Situation:

Ich habe zwei Hunde aus einer Tötungsstation in Spanien. Der Rüde ist lebhaft und neugierig. Er erkundet seine Umgebung und führt ein ganz normales Hundeleben. Toto, unsere Hündin, ist extrem ängstlich und nimmt am Leben nicht teil. So können wir nicht weitermachen.
Bei meinem Hausbesuch stellte sich heraus, dass die Hündin seit drei Wochen unter dem Sofa lebte, nur, wenn es dunkel ist, zum Fressnapf kam und ihr Geschäft im Wohnzimmer auf Wickelunterlagen erledigte, wenn keine Menschen in der Nähe waren. Gassigehen mit Toto war nicht möglich.

Die Therapie eines solchen Hundes benötigt viel Zeit, Geduld und Liebe, aber auch Konsequenz. Diese Hunde sind so gestresst, dass sie nicht auf Leckerlies oder Spielzeug reagieren. Angsthunde müssen sich der Situation stellen, wenn sie die Angst überwinden sollen. Wir haben Toto mit Hilfe einer Moxonleine mit Innenstopp und Außenstopp angeleint. Die Halsung wurde vorher auf Totos Halsumfang eingestellt. Das Anlegen eines Geschirrs versetzte sie in totale Panik. Mit dieser Leine können wir verhindern, dass die Hündin aus dem Halsband schlüpft und können den Kopf etwas lenken.

Nun haben wir Toto Schritt für Schritt die Treppe hinunter auf die Wiese gebracht. Immer wieder haben wir die Hündin aufgerichtet, wenn sie sich hingelegt hat und sanft gelobt, wenn sie von sich aus einen Schritt gelaufen ist. Auch wenn wir für ein Stockwerk über eine Stunde gebraucht haben – es war die Zeit wert. Auf der Wiese hat sich Toto sofort wohl gefühlt und Kot und Urin abgesetzt.

Die Besitzer haben jeden Tag mehrmals das Anleinen geübt und sich die Zeit genommen, in ihrem Tempo, auf die Wiese vor dem Haus zu kommen. Mittlerweile liebt Toto die Spaziergänge mit ihrer Familie und tobt mit dem Rüden über die Wiese.
Auch in der Wohnung hat sich das Verhalten von Toto grundlegend verändert. Die Hündin hat nun Vertrauen zu ihren Haltern und nimmt am alltäglichen Leben teil. Sie genießt nun die gemeinsame Zeit und die Streicheleinheiten.

Bei der Therapie müssen wir darauf achten, dass die Halter den Therapieplan zeitlich und körperlich schaffen und in den Alltag integrieren können und auf das Lerntempo und die körperlichen Voraussetzungen des Hundes eingehen.

Jeder Tierheilpraktiker hat im Laufe der Zeit den einen oder anderen Patienten, der aus dem Tierschutz stammt. Diese haben oft diverse Krankheiten, die mit alternativen Heilmethoden gut behandelt werden können. Da in der Tierheilpraxis eine ganzheitliche Heilung angestrebt wird, müssen auch die Verletzungen der Tierseele und des Geistes berücksichtigt werden.

Um diese Fälle tiergerecht therapieren zu können, ist es wichtig, sich mit der Tierpsychologie zu beschäftigen. Die Zusammenarbeit mit einem gut ausgebildeten Tierpsychologen oder eine zusätzliche Fortbildung in diesem Bereich helfen uns, das Tier als Ganzes zu sehen und zu erfassen.

Die Tierpsychologie ist eine Möglichkeit für uns, die Seele der Tiere besser zu verstehen. Das hilft uns auch beim Handling und im Umgang mit dem Tier bei der Behandlung der körperlichen Probleme.

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